Theorie der politischen Form

Theorie der politischen Form

Hat die Politik eine Form? Oder ist sie genau dasjenige, das als Handlung, Praxis oder Ereignis jede Form überwindet? Um im sozialen Raum und in der sozialen Zeit überhaupt in Erscheinung treten zu können, bedarf sie zweifellos einer Form. Viele politische Theorien definieren jedoch die Politik genau als das, was sie konkret und empirisch nicht sein kann: formlos. Häufig führt dies zur Bildung strikt polarer Gegensätze etwa zwischen einer wahren und falschen Form von Politik oder zur Konstruktion eines Narrativs, das den Weg hin zur reinen Formlosigkeit der Politik, zumeist in Form eines notwendig ersten oder letzten, alles entscheidenden, formalen Akts ankündigt.

Doch jede konkrete Politik, der Anspruch an jedwedes Tun als Politik, kann nur als empirische Behauptung auftreten, die in ihrem empirischen So-Sein niemals den transzendentalen Sinn ihres eigenen Begriffs ausschöpfen kann. Weder die strikte Polarisierung noch das Narrativ von Anfang oder Ende überwinden die Kluft zwischen der Empirie der Form und dem ultimativen Sinn der Formlosigkeit. Keine Ankündigung von Handlung, Praxis oder Ereignis kann tatsächlich mehr als eine solche Ankündigung, ein mehr oder weniger leeres Versprechen sein.

Die Frage nach der Form der Politik ist daher letztlich nicht von der Frage nach ihrer „symbolischen Form“ zu trennen, das heißt nach jenem Ort im Symbolischen, der die Ankündigungen einer Überwindung jeder Form möglich, notwendig und immer wieder interessant macht. So gesehen geht es nicht darum zu fragen, in welchen Formen die Politik in Erscheinung treten kann, sondern danach, was sie selbst als Form ist bzw. im Symbolischen repräsentiert. Erst in der Spannung zwischen empirischen Erscheinungsweisen und der transzendentalen Dimension des Begriffs bildet sich aus, was wir als Politik verstehen bzw. konstitutiv auch nicht oder missverstehen können. Von hier aus wird das Seminar versuchen, die unterschiedlichen Denkweisen im Verhältnis von Empirie und Begriff der Politik ebenso zu untersuchen wie etwaige vermittelnde Instanzen, etwa Medien der politischen Form.

Literatur:

Hannah Arendt, Vita activa oder Vom tätigen Leben, München (Piper) 1965

Hannah Arendt, Macht und Gewalt, München (Piper), 1974

Hannah Arendt, Über die Revolution, München (Piper), 1974

Luhmann, Niklas (2001), »Das Medium der Kunst«, in: ders., Aufsätze und Reden, Stuttgart: Reclam, 198–217.

Peter Bürger, Theorie der Avantgarde, Frankfurt am Main (Suhrkamp) 1974