Theorien der Unmittelbarkeit

Theorien der Unmittelbarkeit

Der Topos der Unmittelbarkeit ist allgegenwärtig. In seiner Opposition zum Vermittelten verweist er auf das Direkte, das Echte und Unverstellte. Die generelle Skepsis gegenüber dem Vermittelten, die sich im Laufe des 20. Jahrhunderts zugespitzt hat, geht auch mit der Hoffnung auf das Freisetzen von emanzipatorischem Potenzial durch das Beseitigen solcher Trennungen einher.

Das zeigt sich in verschiedenen Bereichen – etwa in einer Pädagogik, in der auf Distanz angelegte Formen, wie etwa der Frontalunterricht, zunehmend abgelehnt werden und ein Autoritätsgefälle zwischen Lehrenden und Lernenden zurückgewiesen wird. Andererseits bedienen sich die Unterhaltungsindustrie und auch die Politik an Formen, die sich unvermittelt an die Emotionen der Massen richten sollen. In der Kunst waren es zum Beispiel die medialen Verschiebungen im Theater oder die Politisierung des Körpers, durch die versucht wurde, sich der Vermittlung zu entledigen. Vor allem werden auch künstlerische Formen, wie die Performance, das Happening, eine partizipative Kunst, Aktivismus oder auch installative Praktiken als implizit und explizit gegen das Vermittelte gerichtet verstanden.

In der Lehrveranstaltung wird es darum gehen, diese Zeitdiagnose zu diskutieren, zu hinterfragen und die Idee eines ‚emanzipatorischen‘ Potenzials im Unmittelbaren in ihren verschiedenen Aspekten zu verstehen und in Frage zu stellen. Dabei werden wir die zeitgenössische Diskussion durch ein historisch und thematisch breites Spektrum an Ansätzen erweitern und dabei punktuell auf verschiedene Gesichtspunkte und Beispiele eingegangen.

Das genaue Programm und die gemeinsame Lektüre werden wir in der ersten Einheit, je nach den Interessensgebieten der Teilnehmer*innen, gemeinsam festlegen.

Mögliche Ansätze für einen Beitrag in Gruppen- oder Einzelarbeit können eine künstlerische oder theoretische Position oder eine Fragestellung zu einem Teilgebiet der Thematik sein.